Der 27. Januar ist Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus – und wie auch schon im letzten Jahr für unsere Schüler:innen Anlass, die Erinnerung an die Moerser Menschen, die zu diesen Opfern gezählt werden müssen, aufzufrischen.
Dazu machten sich in der letzten Woche drei neunte Klassen und ein Grundkurs Geschichte aus der Q1 auf den Weg, um die für diese Menschen zusammen mit dem GFB verlegten Stolpersteine zu putzen und die Erinnerung an sie strahlen zu lassen.
Vor Ort wurde geputzt und es wurden Texte vorgetragen, Bilder gezeigt und Rosen abgelegt, um der Menschen hinter den Stolperstein würdig zu gedenken.
Ganz unterschiedliche Menschen und ganz unterschiedliche Schicksale lernten die Schüler:innen dabei kennen, die eigentlich nur eins gemeinsam hatten: Dass ihnen im nationalsozialistischen Deutschland das Recht auf Leben aberkannt wurde und sie ermordet wurden.
Ein Beispiel – einen von Schülerinnen der 9e verfassten Text – lest ihr im Folgenden:
Rede für Wilhelm Jakob Küsters
Ihr tragt keine Schuld für das, was passiert ist, aber ihr macht euch schuldig, wenn es euch nicht interessiert.“, erklärt Esther Bejarano, eine Auschwitz-Überlebende.
Und sie hat Recht: Was passiert ist, können wir nicht ändern.
Jedoch können wir erreichen, dass so etwas nie wieder passiert und auch nicht in Vergessenheit gerät.
Dazu dienen auch diese Stolpersteine, die daran erinnern, welche und wie viele Menschen auf qualvolle Art und Weise umgebracht wurden.
Dieser Stein hier erinnert an Wilhelm Küsters, eines der vielen Opfer, die im Rahmen der Ermordungen von Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen zu Tode kamen.
Wilhelm Jakob Küsters wurde im Februar 1919 in der Königgrätzer Straße 38 mit einer geistigen Beeinträchtigung geboren. Mit fünfeinhalb Jahren wurde er zur Förderung in die Evangelische Bildungs- und Pflegeanstalt Hephata nach Mönchengladbach gebracht. Da er zwar laufen, aber nicht sprechen konnte, war er auf ständige Hilfe angewiesen und wuchs dort heran.
Mit dem Beginn des 2. Weltkriegs am 1. September 1939 brach auch der innere Krieg gegen Menschen aus. Die Nationalsozialisten sahen unter anderem Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen als „wertloses und schädliches Leben“ an, also Leben, das nicht dem „Rassenideal“ entsprach und nach ihrem Verständnis nicht lebenswert war.
Daher wurde Wilhelm Jakob Küsters im Alter von 24 Jahren zunächst nach Hildburghausen und kurz drauf in die Heilanstalt Stadtroda verlegt, wo er am 6.10.1943 – inzwischen schon schwach und apathisch – angeblich „unter den Zeichen von Herzschwäche“ plötzlich verstarb.
Im Telegramm an seine Eltern stand „Lungenentzündung“.
Heute müssen wir jedoch davon ausgehen, dass er zu den Opfern der nationalsozialistischen Krankenmorde im Rahmen und auch noch nach offiziellem Abschluss der „Aktion T4“ zählt, denn es ist bekannt, dass während des Holocaust viel vertuscht und verheimlicht wurde.
„Aktion T 4“ war der Name für eine den systematischen Massenmord, bei dem die Nationalsozialisten rund 70.000 körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigte Menschen umbrachten. Und nicht nur in den Tötungsanstalten, auch in zahlreichen Heil- und Pflegeanstalten, wurden Patientinnen und Patienten durch Vernachlässigung, Hungerrationen oder Giftspritzen ermordet.
Wie muss es sich anfühlen, jahrelang schweigend dieses Grauen zu erleben und gequält zu werden?
Das will und kann man sich gar nicht vorstellen! Umso wichtiger ist es aber, dass man sich immer wieder mit dem Thema Holocaust auseinandersetzt und sich respektvoll an die Opfer erinnert. Es wurden ja nicht allein die 70.000 behinderten Menschen, sondern auch mehr als 6 Millionen Juden und andere als minderwertig erachtete Menschen ermordet.
Solche Taten dürfen nicht in Vergessenheit geraten und sich niemals wiederholen! Leider gibt es nämlich auch heute wieder Menschen und Parteien, die offen rassistische und auch antisemitische Gedanken verbreiten.
Hannah, Mia, Marlene aus der 9e